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Karl Schmidt-Rottluff

„Der Rhythmus, das Rauschen der Farben, das ist das, was mich immer bannt und beschäftigt.“

Karl Schmidt-Rottluff in einem Brief an Gustav Schiefler

Das Zitat charakterisiert die Bilder Karl Schmidt-Rottluffs sehr gut: Pulsierende, leuchtende Farbe sowie die durch die gezielt geführte Linie strukturierte Komposition sind wesentliche Merkmale für seine Bilder.

Inspiriert durch die emotionsgeladene Werke Van Goghs und Emil Noldes findet Karl Schmidt-Rottluff schnell zu seinem ganz eigenen Stil. Dabei konzentriert sich der Maler nicht nur auf die Ölmalerei. Zu seinem Gesamtwerk zählen ebenfalls Aquarelle, Tuschpinselzeichnungen, Holzschnitte, Radierungen, Lithografien und Holzplastiken.

Als Gründungsmitglied der Künstlergruppe „Die Brücke“ geht er in die Kunstgeschichte als ein bedeutender Mitstreiter des deutschen Expressionismus ein. Seine Kunst wurde bereits zu Lebzeiten geachtet, in zahlreichen Ausstellungen gewürdigt und durch Kunstpreise geehrt.

Künstlerischer Werdegang

Bereits während der Schulzeit war Karl Schmidt-Rottluff (eigentlich Karl Schmidt) künstlerisch tätig, Einige seine Aquarelle stellte er, noch bevor er an die Hochschule ging, in der „Kunsthütte“ Chemnitz aus.

Nach seinem Abitur begann er 1905 in Dresden ein Architekturstudium, wodurch er in den Kontakt mit Ernst Ludwig Kirchner kam. Gemeinsam mit seinem Schulfreund Erich Henkel gründeten sie am 7. Juni des selben Jahres die Künstlergruppe „Brücke“. Ab diesem Zeitpunkt fügte Karl Schmidt seinem Nachnamen den Namen seines Geburtsortes Rottluff hinzu.

Das Ziel der jungen Künstlervereinigung „Die Brücke“ war „eine Erneuerung der Kunst durch unmittelbares und nicht verfälschtes Erleben der wahrgenommenen Umwelt in kollektiver künstlerischer Arbeit effektiver verwirklichen zu können, eine Vereinigung freischaffender Künstler zu gründen.“ (Georg Rheinhard: „Die frühe Brücke“, IN: Brücke-Archiv, Heft 9/10, 1977/78, S. 18.)

Schmidt-Rottluff folgte diesem Dogma. Er tauschte sich mit seinen „Brücke“-Freunden über die Kunst aus, reiste viel und malte am liebsten in der freien Natur. Jahrelang beschäftigt er sich mit Landschaftsdarstellungen, die außerhalb des Städtetummels lagen.

 

Nachdem der junge Künstler das Architekturstudium bereits nach einem Jahr abgebrochen hat, um sich ganz seinem künstlerischen Schaffen zu widmen, verbrachte er den Sommer 1906 auf der Ostseeinsel Alsen in Guderup als Gast von Emil Nolde. Zu diesem Zeitpunkt war Schmidt-Rottluff stark von den Werken Emil Noldes beeindruckt sowie von der emotionalen Malweise Van Goghs.

Die Sommer der folgenden Jahre (1907-1912) verbrachte Schmidt-Rottluff in dem kleinen Fischerdorf Dangast. In dieser Zeit schreibt er an den Sammler Gustaf Schiefler: „Es ist unglaublich, wie stark man die Farben hier findet, eine Intensität, wie sie kein Pigment hat, fasst scharf für das Auge. (…) Malen kann hier eigentlich nur heißen: Verzicht leisten vor der Natur, und es an der rechten Stelle tun ist vielleicht eine Definition der Kunst.“ (zit. nach: Wietek, 1984, S. 59.)

 

Schmidt-Rottluff verkehrt ebenfalls in Berlin und Hamburg, wo er wichtige Begegnungen mit Vertretern der Kunstszene macht, wie beispielsweise mit der Kunsthistorikerin Dr. Rosa Schapire, die eine passionierte Sammlerin seiner Kunst wurde und sich zeitlebens für ihn einsetzte. Außerdem trat Schmidt-Rottluff dem „Oldenburger Künstlerbund“ bei und wurde Mitglied der „Berliner Sezession“.

Am 27. Mai 1913 gab die „Brücke“ ihre Auflösung bekannt. Nun reiste Schmidt-Rottluff nach Nidden auf der Kurischen Nehrung in Ostpreußen. Die Rückkehr führte den Künstler über Memel und Masurischen Seen. Auf dieser Reise verwirklichte er seine Idealvorstellung von naturbezogener, ursprünglicher Einheit von Kunst und Leben, die in einer gewaltigen künstlerischen Produktivität ihre Entladung fand: Es entstanden nicht nur zahlreiche Gemälde, sondern auch Holzschnitte und Tuschpinselzeichnungen. Motivisch kamen die „Badenden“ zum Themenrepertoire hinzu. Noch im selben Jahr begann Schmidt-Rottluff eine private Sammlung außereuropäischer Kunst aufzubauen.

Als im Mai 1915 der Erste Weltkrieg ausbrach, wurde Schmidt-Rottluff zum Kriegsdienst in Russland und Litauen eingezogen. Dort kam der Künstler in die Presseabteilung, wo er abseits des Fronteinsatzes weiterhin künstlerisch tätig sein konnte. Da das malerische Schaffen nicht möglich war, entstanden Holzschnitte und auch die ersten Holzplastiken.

Ende 1918 kehrte Schmidt-Rottluff nach Berlin zurück, heiratete seine langjährige Lebensgefährtin, die Fotografin Emy Frisch und veröffentlichte sein erstes druckgrafisches Mappenwerk, die „Kristus-Mappe“, eine Holzschnittfolge, in der er die Kriegserlebnisse verarbeitete.

Die 20er Jahre waren auch für Schmidt-Rottluff die „Goldenden Zwanziger“: Seine Kunst wurde immer bekannter, seine Kontakte erweiterten sich um wichtige Persönlichkeiten wie Vassily Kandinsky und Walter Gropius und er stellte auf Einzel- und Gruppenausstellungen unter anderem in Berlin, Hamburg und München aus. Er unternahm Reisen nach Paris, Dalmatien und Italien, wo er in der Villa Massimo (Deutsche Akademie) 1930 als Studiengast war.

Einen krassen Gegensatz nahmen die 30er und 40er Jahre im Leben des Künstlers ein: Über fünfzig seiner Werke wurden 1937 in der Münchener Ausstellung „Entartete Kunst“ dem Publikum gezeigt, 608 seiner Arbeiten wurden bei der NS-Beschlagnahme 1938 konfisziert und Schmidt-Rottluff erhielt Mal- und Ausstellungsverbot. Als er im Herbst 1943 durch einen Bombenangriff seine Wohnung und darin zahlreiche seiner Arbeiten verlor, zog er wieder in seinen Geburtsort Rottluff.

 

Die wenigen Lichtblicke in diesem harten Jahren waren die erste Ausstellung Schmidt-Rottluffs in der New Yorker Galerie Westermann 19367, die Winteraufenthalte (seit 1932) in Hofheim im Turnus sowie die Sommeraufenthalte (ebenfalls seit 1932) in Rumbke am Lebasee in Hinterpommern, wo es laut dem Künstler so „fabelhaft einsam“ war.

Nach dem Untergang des NS-Regimes erlangte die Kunst Schmidt-Rottluffs wieder öffentliche Anerkennung. In den folgenden Jahren fanden viele große Einzelausstellungen statt und seine Werke wurden durch Preise geehrt. Darüberhinaus wurde er zum Ehrenbürger der Stadt Chemnitz ernannt, wurde Präsident des „Kulturbundes zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“ und begann im Oktober seine Lehrtätigkeit an der Hochschule für bildende Kunst in Berlin.

Zu seinem 80. Geburtstag schenkte Schmidt-Rottluff seinen künstlerischen Nachlass der Stadt Berlin, vorausgesetzt es werde ein Brücke-Museum errichtet. Diesem Wunsch folgte die Stadt Berlin: Am 15. September 1967 wurde das Museum eröffnet und Schmidt-Rottluff erhielt im April 1970 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Berlin.

Aufgrund des Alters gab Schmidt-Rottluff Anfang der 70er Jahre seine künstlerische Tätigkeit auf. Am 10. August 1979 starb Karl Schmidt-Rottluff in Berlin im Alter von 92 Jahren.

Die Aquarelle

Typisch für die Expressionisten war der verstärkte Einsatz der Aquarelltechnik, den sie zu einer neuen Blüte brachten und als gleichwertiges Medium zur Ölmalerei sahen. Besonders Schmidt-Rottluff hat sich diesem Medium immer wieder intensiv zugewandt. Es war ihm ein besonderes Anliegen, Sehnsucht und haptische Eindrücke in reinster Form auszudrücken ohne auf ein vorgefertigtes Bildprogramm zurückzugreifen. Unter dieser reinsten Form versteht Schmidt-Rottluff seine Malerei und seinen Ausdruck in dieser. Nur dieses Medium ist in der Lage seine Expressionen festzuhalten, die mit Worten lediglich umschrieben werden kann.

Besonders nach dem Zweiten Weltkrieg widmete sich Karl Schmidt-Rottluff der Aquarellmalerei. Nach dem Krieg war der Schaden besonders groß, da die Nazis über 600 Werke von ihm konfisziert hatten und im Krieg sein Berliner Atelier ausgebombt wurde.
Mit dem Neubeginn nach 1945 entstanden in den folgenden Jahrzehnten viele Aquarelle, die zum einen Stillleben thematisieren und andererseits seine Reisen ans Meer dokumentieren.